Wir üben Kulturschock – Reise(n)…

Hurra, es ist Urlaubszeit. Weniger emotional könnten es natürlich die iDingse (glaube irgendwas mit S4) bringen. Wie man seinen Urlaub gestaltet, ist natürlich Geschmackssache. Entweder steht der Campingplatz, das Hotel oder eine kleine schnuffige Pension auf den meist gewählten Unterkünften. Natürlich gibt es auch einige Angebote für das Wahnsinns-Abenteuer oder eben auch supi-erholsames „Wellness-WE“. Man sieht hier und da wieder Touristen, die die Sehenswürdigkeiten anstarren und fotografieren oder als kleines Miniteilchen als Mitbringsel für die Lieben und/ oder die Schwie-Ma als Alibi nach Hause schleppen.

Wenn aber schon Kulturschock, dann richtig. Wer noch immer glaubt, Zeitreisen gäbe es nur in Filmen oder Büchern, sollte sich hier vor Ort vom Gegenteil überzeugen. Um die Brauchichnichtkasse aufzubessern und die Schwarzgelder auf der Gibtsnichtbank zu horten, wäre folgendes Angebot nun der Urlaubsreißer:

Geboten wird ein echtes Zimmer in einem echten Wohnblock mit echten Nachbarn. Auf Wunsch der Gäste können noch einige übrige Requisiten ins Zimmer drapiert werden, die die Zeitreise noch verdeutlichen.

Die Preise pro Nacht und Person gestalten sich folgendermaßen:

  • ohne Requisiten: soundsoviel Euro
  • Dederonturnbeutel als Dekoration oder für die Badesachen: lächerlicher Preis
  • Lieblos hingeklatschte DDR-Haarspangen: ebenso lächerlicher Preis
  • Irgendwo geklaute DDR-Bilder an der Wand: fast geschenkt
  • Nutzung der Rundfunkgeräte: sauteuer
  • Essen: Selbstversorgung vom Discounter um die Ecke, um das Flair zu genießen und ein spannendes Suchspiel zu erleben
  • Wahlweise DDR-Handtücher oder „neumodischer Kram“ zum selben Preis: geht noch

Auch die Tagesangebote können sich sehen lassen:

  • Rundgang durchs Wohngebiet mit original grauen und fast unbewohnten Wohnhäusern: können Sie sich noch leisten.
  • Gruppenangebot bei 12 Personen: können Sie drüber lachen
  • Stadtrundfahrt mit dem eigenen Busbetrieb „Guckensiemalhierundda“ (Familienbetrieb mit Tradition) mit Schlafbrille: das vertragen Sie schon
  • Ohne Schlafbrille: Schocknachlass: ein paar Kröten (ugs.)
  • Als Ausgleich für die sauteure Nutzung der Rundfunkgeräte ist der Ausblick aus dem Küchenfenster mit gebrüllten News vom Wäscheplatz gratis.
  • Auf Sonderwunsch lässt sich auch durch Absprache (oder Betteln) mit den Genossen eine Stippvisite auf einem Parteitag oder Parteilehrjahr für die Häufigkeit organisieren. (bitte beachten Sie aber, dass Sie jegliche Knöpfe und Accessoires an der Kleidung weglassen, um Angstschweiß bei den Gastgebern zu vermeiden)
  • Als besonderes Angebot wird  für Interessierte und auch Übungswillige ein Vorbereitungskurs, um sich mit dem Großteil der einheimischen Bevölkerung auch verständigen zu können, geboten. Dazu gehört ein Gesangskreis, den wir zu einem Preis anbieten, der Sie zwischen den Zähnen pfeifen lässt. Wer dieses kann, möge mir es bitte beibringen, danke, dann erlasse ich die Gebühr als Tausch, weiterhin werden Gesten geübt wie z. B. der Pioniergruß. Vertraute, Verliebte oder andere kuschelbedürfige Urlauber dürfen die Genossenknutscherei üben. Als kleine Unterstützung zum Mitsingen von Arbeiterkampfliedern werden die Texte auch für einen passenden sozialromantischen Preis angedreht (oops…da gibt´s noch eine Behörde, die mächtig schimpfen wird).
  • Als besonderes Erlebnis können Sie montags einer Demonstration bewohnen. Schildchen können wir gern in der Nachmittagsbeschäftigung am Wochenende basteln. Bei rechtzeitiger Buchung wird Ihnen eines zu einem Aufpreis von „dasmachichlieberselbst“ gebaut.
  • Die wirklich schönen Ecken werden zu Wahnsinnspreisen gezeigt.
  • Preise bzw. Tarife für den öffentlichen Nahverkehr entnehmen Sie bitte der Webseite des Betriebes. Im Fahrpreis inbegriffen sind sogar Bildschirm-Infos über beispielsweise irgendwann von irgendwem gewonnene Meisterschaften und für Medizininteressierte gibt es gelegentlich Bilder von Hautkrankheiten zu sehen. Sie ersparen sich also hierdurch das Essen. Neuigkeiten aus dem Stadtgebiet oder über einzelne (Ihnen sicher unbekannte) Personen können Sie aus den Gesprächen von den sonstigen Fahrgästen entnehmen und somit erübrigt sich die örtliche Tageszeitung.

„All inclusive“ macht das Ganze: einenbombforzionöseinwandtutti-Preis

Es ergeht folgender Hinweis: Machen Sie sich um Kleidermoden bitte keine Gedanken. Auch lassen sich diverse typische Stücke im Handel erwerben. Ihren mürrischen Gesichtsausdruck durch die Härte des Alltags oder aus anderen Gründen müssen Sie nicht mühsam ablegen, es sei denn, Sie möchten auffallen.

Falls Sie sich einen Urlaub mit gelegentlichem „Hawaii-Feeling“ erhoffen, wird durch die irre Flexibilität mit einer  „Pizza Hawaii“ aus dem Frostfach improvisiert.

Ihre Anfragen, Buchungen und auch Beschimpfungen nimmt irgendeine Sekretärin müde lächelnd entgegen.

PS: Es kursiert ja der hübsche Begriff „Freundschaftspreis“ herum, welcher selbst bei Staffelung unschlagbar ist:

Flüchtige Bekannte: wir reden mal ´drüber

Enge Freunde/ Vertraute: wir teilen „brüderlich/ schwesterlich“ (klingt fast nach „Familientarif“)

😉

PS: Bei der heutigen (05.07.2012) Entdeckung einer Marktlücke gibt es jetzt auch unschlagbare Unwetterkonditionen:

Grundpreis(e) wie o.g.

* Angst-Stehplatz unter dem Hochbett: ein bisschen Kleingeld

* Panik-Liegeplätze unter Betten sind in dieser Wohnung leider nicht möglich, jedoch sind die (wirklich!) netten Nachbarn bei rechtzeitiger Buchung für ein kleines Aufgeld sicher bereit, auszuhelfen. Hier sind Verhandlungen nötig, wo der Preis variieren kann.

Similar Posts:

    None Found

4 Gedanken zu „Wir üben Kulturschock – Reise(n)…

Diskutiere mit :)

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.