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Wir üben mal ein bisschen Kanzlerkandidatur …

Sehr verehrte Bürger, Bürgerinnen und wie Sie sonst noch genannt werden möchten,

da meine Bewerbungen, meine OB-Kandidatur und auch sonstige Karriereversuche nichts brachten, habe ich mich nun entschlossen, mich mal unter die Kanzlerkandidaten zu mischen.

Ich habe zwar keinen Dr. Titel, aber das macht nichts, dann kann man mir auch nichts aberkennen. Auf das Studium verzichte ich auch aus vielen guten Gründen, aber ich kann einigermaßen lesen und schreiben. In der einen oder anderen Region scheint es ohnehin elitär. Das Rechnen übernimmt mein künftiger Minister und somit bin ich gut aus dem Schneider. Falls dieser es doch nicht kann, werden Sie, verehrte…(oh, äh…)

Allerdings werden Sie mit vielen Umstellungen rechnen müssen. Meine Haltung bei Reden ist beispielsweise für mich viel bequemer, da ich gern die Taschen meiner Kostümchen ausbeule. Ich habe außerdem gelernt, mit Klebstoff umzugehen. Auch meine Frisur und meine vielen Versprecher lassen mehr Spielraum für Karikaturen.

Ich habe zwar noch keine Hörigen, die meine künftigen Fehler bedingungslos verteidigen, aber daran arbeite ich noch, versprochen. Ich habe von der einen Partei und so manchem Bodenpersonal eines imaginären Wesens viel lernen können, außer das bekannte „Einknicken“ und „Aussitzen“. Noch bin ich parteilos, da sich aus natürlich völlig unerklärlichen Gründen noch kein Häufchen um mich gerissen hat. Auch hier muss ich noch etwas tun oder irgendeine Spinnerpartei wird spätestens jetzt auf mich aufmerksam und lädt mich hoffentlich zu Schnittchen ein.

Seien Sie aber versichert, dass sie künftig mehr weinen werden, gelegentlich auch vor Lachen. Die Minister, die ich noch um mich scharen werde, werden ihr Übriges tun. Ich garantiere Ihnen also hier und jetzt, dass ich Sie mehr amüsieren werde als meine zwei derzeitigen Mitbewerber zusammen.

Meine Reden schreibe ich übrigens selbst. Dennoch müssen Sie nicht fürchten, dass ich Arbeitsplätze spare, da ich dem „Fachkräftemangel“ im Lande anders beizukommen weiß, als bislang angedacht war. Das Lektorat wird also noch ausgeschrieben. Um aber Zeit zu sparen, merke ich schon mal an, dass es doch bitte ein junger durchtrainierter Kerl sein sollte, damit ich wenigstens einen ansehnlichen Mitarbeiter an der Seite habe.

Wer mich mit dem Dienstwagen umherkutschieren wird, ist noch in Planung, da ein gewisses Bündnis sicher tolle Ratschläge hätte und mich sicher bei der teuren Ökoduselei kräftig unterstützen wird.

Eines, mein/e sehr verehrtes Stimmv.. äh Wähler/innen wird für Sie bleiben, nämlich die Widersprüche, die nicht nur bei Frauen zu finden sind, wie sie bei meinen Vorgängern und derzeitigen Mitbewerbern bereits feststellten. Wie ich also meine Wahlversprechen und „Geschenke“ realisieren werde, könnte Ihnen egal sein, da ich mir die Wahlprogramme ebenfalls ein bisschen abschreibe und ich auf die Vergesslichkeit „meines Volkes“ baue.

Für die Parteien, die bei „Recherchen“ nicht gern aus der Übung kommen möchten empfehle ich, bei meiner ehemaligen Klassenleiterin Rücksprache zu halten, da sie in ihr auch eine starke Anhängerin finden. Das Herausfinden des Namens wäre schon die erste Auffrischungs-Übung, um Nachforschungen über meine Schülersünden anzustellen. Falls sie noch lebt, bestellen Sie bitte schöne Grüße oder legen Sie ihr eine rote Nelke auf ihre letzte Ruhestätte. Meine Hausaufgabenhefte mit in zweierlei Hinsicht roten Eintragungen sind übrigens längst vernichtet

Mein Verhandlungsgeschick lässt zwar noch zu wünschen übrig, aber das packe ich auch noch. Seien Sie aber beruhigt, dass auf meinen Zeugnissen stand, dass ich „stets kameradschaftlich“ war und somit sicherlich zumindest die Voraussetzung geschaffen ist.

Im Internet kenne ich mich zwar auch nicht 100% aus (bezüglich „Neuland“), aber ich übe natürlich weiter und werde mir beim einen oder anderen Präsidenten ein bisschen Nachhilfe geben lassen. Das gilt auch für die Auffrischung meiner Russischkenntnisse.

Liebe Wähler, Wählerinnen, Nörgler und Nörglerinnen …(Blick auf die Uhr), ich verabschiede mich vorerst mit herzlichen (schief gegrinsten) Grüßen und darf Sie um Ihre Stimmen oder wenigstens Bewerbungen bitten.

Wie Sie hier sehen, kann ich auch mit Niederlagen sportlich umgehen.

Herzlichst, Ihre Kanzlerkandidatin

Wir üben nun endlich den „Weltuntergang“ …

Hey, es ist so weit. Laut dem amüsanten Programmablauf, welcher so durchs Net kursiert, hätten wir ja nun mit Glockengedröhn und Sirenen geweckt werden sollen. Und nein, es dudelte wie üblich nur mein Handy und das wie gewohnt erst um 6:00 Uhr. Und hey, ganz ohne Absage fällt dieser wohl anscheinend einfach aus, wie „überraschend“. Im Gegensatz zu den Veranstaltungs-Absagen in diesem Örtchen kam keine Begründung wie z.B. „technische Gründe“, „Krankheit“, Gegendemo/ Blockadeherumsitzen und ganz kläglich ist: nicht einmal eine geplante Alternativveranstaltung der Lieblingsfraktion war mir bekannt. Dabei sind diese Häufchen doch (im eigenen Interesse allerdings) ja auch immer bestens organisiert. Na gut, dann eben nicht. Apropos Häufchen. Spielt da nicht eine fast passende Band einen Titel wie „Tage wie diese“ oder so ähnlich? Na das wird sicher ein „Weltuntergangs-Hit“ (sicher auch bald so in einer „Chart-Show“). Aber unabhängig davon, ob der Weltuntergang auch bis hierhin „gereicht“ hätte oder das Örtchen wie bei der Krise anfangs „übersehen“ wurde (so oder ähnlich lt. einem alten Zeitungsartikel unsere abgewählte Spitze), die Gesichter der meisten Leute sind eh wie immer.

Was fangen wir mit diesem Tag also an? Wie schon in der „Checkliste“ beschrieben oder doch Alltagsduselei wie auch zum kommenden Weihnachtsfest oder vielleicht noch einen Festakt mit Tamtam und gar einer Politikerrede? Ah, nee die sind zu teuer, die genehmigen sich ja mehr als 2-3 € die Stunde.

Wie eine Zeitungsmeldung in unserem Örtchen aussehen könnte, habe ich ja bereits in der „Checkliste“ gebracht, aber wie sähe eine Rede zum Beispiel vor oder im Rathaus aus? Zwei Versionen hätte ich zu bieten und bin für weitere offen:

Hier die Rede, wenn auf „Vergütung“ verzichtet wird:

„Liebe Bürgerinnen, Liebe Bürger, Liebe Genossinnen und Genossen, wir haben uns heute hier versammelt, um gemeinsam den Weltuntergang zu begehen. Vieles haben wir in der Zwischenzeit gescha… achwas…so ein Sch… ! *Prost!*“

Die bezahlte Rede eines Politikers nach Minuten könnte folgendermaßen klingen. Hierbei halte ich mich ein bisschen an einen in mindestens zwei Bundesländern bekannten Politiker (das machts leichter).

„Verehrte Mit-Bürgerinnen, verehrte Mit-Bürger, liebe Tiere und Pflanzen aller Art… (man versucht sich in guter Mimik und sicherem Stand auf dem Bierkasten).
(nach etwa 30 Sekunden) Wir hatten gute und schwere Zeiten hinter uns, besonders in den letzten 6 Jahren. Machen Sie sich nichts draus, bis zur Stadtratswahl 2014 werden Sie noch das Vergnügen der Nachwehen haben. Eigentlich sollten wir nur als Stadt untergehen, aber nun haben wir für fast lau das volle Programm. Sie kennen ja bereits meine Sparmentalität am entsprechenden Ende.
(Weitere 30 Sekunden später) Als Welt-Untergangs-Abschieds-Geschenk hätte ich allerdings noch eine „Fan-Edition“, die ich bislang nicht verscherbelt bekam. Auf 30 DVD´s können Sie sich „meine 10 schnittigs(ch)ten Reden“, so der Titel der DVD-Reihe, zur Entspannung am zu Gemüte führen. Da Sie, liebe Anwesende, größ(sch)tententeils ohnehin schon dauerhafte Weltuntergangsstimmung haben und eine dementsprechende Mimik zeigen, habe ich eine kleine Überraschung zur Feier des Tages (extra langsame Wiederholung letzten Satzteils). Wie Sie bereits zwei Mal im Anzeiger lesen konnten, ist es wohl mein Diens(cht)twagen, der zum Verkauf ausgeschrieben ist. Nach vielem Charmgedusel durfte ich ihn mir jedenfalls noch einmal ausleihe´(dialektbedingtes Verschlucken des letzten Buchstabens) und biete nun während der Feier ein paar Spritztouren an. (Gesichtsfarbe passt sich der Parteifarbe an und freudiges Kichern aus einigen Reihen, zögernde und offensichtlich verschämte Fingermeldungen von einigen Damen) Wie wir das finanzieren, wird sich schon finden.
Außerdem hatten wir, ebenfalls irgendwie finanziert, lange genug Brot und Spiele genießen können und nun muss die Stadt noch mehr sparen. Daher haben wir, meine Fangemeinde und ich, uns heute ausnahmsweise mal über die Kos(ch)ten Gedanken gemacht und die Tafel mit einem Buffet beauftragt.

(ausnahmsweise etwa 20 Sekunden später) Ihnen ist ja sicher bekannt, wie sparsam man eigentlich in einem Bundesland ist, wo man lt. Slogan alles kann, außer Hochdeutsch. Ich weiß, dass ich wohl Einiges verwechselt haben muss, an welchem Ende man knausert. Lassen Sie uns also gemeinsam feiern und die Kuns(ch)t und Kultur noch einmal ein bisschen aufleben.

(ca. 30 Sekunden später) Um noch ein bisschen hinzuzuver… (erschrockener Blick auf die Notizen und auf die Uhr, dann erleichterter Blick, mindestens ein „Tausender“ ist voll)
(ca. 10 Sekunden später) …natürlich, um es sehr spannend zu machen, wie Sie es bereits gewohnt sind, kündige ich nun folgendes an: Da sich die Theaterdarsteller aus verschiedenen Gründen nicht zur Verfügung stellen wollten, sehen Sie nun eine kleine Vorführung meiner Fangemeinde, die sich etwas an den “sterbenden Schwan“ anlehnt. Danach dürfen Sie sich am Buffet bedienen. Ihr Freuden-Feuerwerk hatten Sie ja schon vor längerer Zeit, daher verzichten wir heute mal darauf. Ich übergebe das Mikro und die Bühne …oh, sie ist gerade mit irgendwelchen Wirtschafts… (verschluckt sich an diesem Wort) …auf einem Ball und wird später für Sie da sein. Wie unsere gelegentlich häm…äh bezaubernd lächelnde Eisfee unserer örtlichen Tageszeitung darüber berichten wird, dürfte Ihnen auch nichts Neues sein, da die Führung und einiges Personal noch nicht wechselten und der Verkauf noch optimal läuft. (ca. 30 Sekunden später) Also ich übergebe nun an die Küns(ch)tler und wünsche Ihnen viel Spaß. (erhält etwas Applaus von den Darstellern im Hintergrund und einigen Herumstehenden).
(Die Vorführung beginnt, die Künscht… äh „Künstler“ betreten mit mühsam schwebenden Gang und einem Arbeiterkampflied auf den Lippen die Bühne. Aus irgendeinem Eckchen tobt es freudig.)

Für die wohl doch stattfindende „Alternativveranstaltung“ hat sich lt. einer Zeitungsmeldung eine Metal-Band mit wohl passenden Texten gefunden (wirklich!). Bleibt zu vermuten, dass diese besser besucht wird.

Der örtliche TV-Sender wird erfahrungsgemäß etliche Wochen später oder überhaupt nicht darüber berichten, wenn die Veranstaltung unliebsam ist, wie zum Beispiel eine umstrittene Lesung, welche „die Stadt“ ja „nicht braucht“.

Übrigens bin ich wohl mehrfach „erhört“ worden. Sogar Friseursalons entdecken jetzt die„Weltuntergangs-Vermarktung“. Ich las vor kurzer Zeit zum Beispiel folgendes „Weltuntergang am 21.12. Die Frisur sitzt!“ Bloß gut, dass man weder bei einem Metal-Konzert noch bei virtuellen Partys zum Weltuntergang doll frisiert sein muss, oder? 😉

Ich wünsche meinen Lesern jedenfalls eine ausgelassene „Weltuntergangs-Stimmung“ und lasst es ordentlich krachen (meinetwegen auch wieder mit Feuerwerk). In diesem Sinne *Prost*.

Wir üben Nachlese …

Nun ist es vollbracht und ich sitze noch immer lachend im Bürostuhl – es ist übrigens über Mitternacht hinaus. Ja, es geht um die gestrige Lesung mit Thilo Sarrazin über das Buch „Deutschland braucht den Euro nicht“.

Aber nun der Reihe nach: Wir kamen weit früher am Veranstaltungsort an, um uns noch gute Plätze zu sichern und standen etwa 10-15 Minuten an der Schlange draußen an. Es war kalt und der Einlass war durch Taschenkontrollen etwas verzögert. Allerdings fand ich die Taschenkontrollen nachvollziehbar. Die Damenschaften unter den Besuchern wurden auch von einer Frau kontrolliert. So weit so gut. Das Ganze dauerte auch nur wenige Sekunden. Wir gingen hinein, gaben unsere Garderobe ab und schauten uns im Foyer um, ob noch bekannte Gesichter zu sehen sind. Tatsächlich fand sich vorerst ein gemeinsamer Bekannter ein, mit dem wir nach einem Schwätzchen auch in den Veranstaltungssaal gingen und uns Plätze in der zweiten Reihe auswählten. Mein heimliches „Gebet“, keine Sitzriesen vor mir zu haben, wurde „erhört“ und so hatte ich also zum guten Ton auch vollen Blick auf die Bühne.

Der Stadtsender ließ schon die Kameras warm laufen und einige Leute, von denen ich die Anwesenheit am wenigsten erwartete, sah ich dort ebenfalls auf und ab laufen. Einige davon bedienten zum Beispiel die Kameras des Stadtsenders. Wie muss denen wohl zumute gewesen sein? Schließlich war am Veranstaltungsort auch eine Gegendemo, bei der sie sicher lieber gewesen wären. Auch hier bin ich auf die Berichterstattung gespannt, schon wegen der Bearbeitung des Videos über die Lesung.

Wir saßen also gespannt da und schauten ständig in den Saal, um weitere uns bekannte Gesichter zu sehen. Dem war dann auch so. Die Zeit des angekündigten Beginns war inzwischen ran. Die unteren Sitzplätze waren anscheinend schon alle voll, denn es füllte sich auch im oberen Bereich. Sieht so Ablehnung und Desinteresse gegenüber einem „umstrittenen“ Buchautoren aus? Sind jetzt alle in die rechte Ecke zu drängen, wenn man daran teilnahm?! Nein, genauso wenig, wie es nur Schwarz und Weiß gäbe! Ich habe übrigens noch nie ein Buch in den Händen gehalten, bei dem ich mich dem jeweiligen Autor zu 100% kritiklos anschließe, selbst bei meinem übrigens jüdischen und leider verstorbenen Lieblingsautoren nicht. Durch Rezensionen kann man also mehr oder weniger detailliert beschreiben, inwiefern man sich anschließt oder das Geschriebene kritisiert. Autoren, die noch unter uns… nein, mit uns weilen, können also auf diese Art sachliche Kritik oder Anerkennung zu ihren Werken noch erleben und mit ihren Lesern darüber diskutieren, unabhängig ob virtuell oder Angesicht zu Angesicht.

Mit einiger Verspätung wurde T. Sarrazin nach einer kleinen Vorstellung durch den Moderator angekündigt. Dieser stellte sich hin, begrüßte die Gäste und legte auch sofort los. Leute, ich bin wahrlich kein Finanzgenie und ich bin nicht unbedingt unglücklich darüber, dass ich nicht mit mehr und größeren Zahlen um mich herumschwingen muss, das mal so nebenbei bemerkt. Ich habe also mein Notizbüchlein auf dem Schoß gehabt und schrieb einige Aussagen mit. Zum Beispiel erklärte er sehr detailliert,

• … wie er den Titel des Buches rechtfertigt. Dieses geschah mit zwei Beispielen. Das für jedermann nachvollziehbare Beispiel war anschaulich mit Hammer und Nagel beschrieben worden. Der Nagel verbiegt sich beim spätestens zweiten Hammerschlag durch verschiedene Gründe: z. B. zu schräger Schlag, unsichtbare Verhärtungen im Material wie Holz usw. Der Nagel konnte also durch verschiedene Gründe nicht bis zum Kopf versenkt werden. Soviel zur groben und bildhaften Umschreibung, warum es seiner Auffassung nach mit dem Euro nicht funktioniert.
• … den Werdegang zu Münzen und zum Papiergeld.
• … die Währungsunion, DM, Wechselkurse zum Dollar und Gold, Devisen,
• … den Werdegang zum Euro
• … Haushaltskonsolidierungen (z. B. Berlin) und auch Landeshaushalte

Ich habe mir natürlich weit mehr notiert, aber das würde jetzt etliche Seiten mehr füllen und somit den Rahmen sprengen. Meine persönliche Meinung schreibe ich zu den genannten Punkten nicht hinzu.

Jetzt aber kommt natürlich meine persönliche Einschätzung zur Lesung insgesamt:
Abgesehen von nur wenigen kurzen Blicken in seine Unterlagen sprach er frei und im Stehen. Erst bei der eröffneten Fragerunde setzte er sich an die hergerichteten Sitzplätze. Wie oft sieht man es sonst, dass jemand mit nur wenigen Blicken in die Notizen frei spricht und offensichtlich dahinter steht? Notizen sind unverzichtbar und einige Versprecher oder auch mal Verzögerungen sind menschlich. Wir hatten und haben z. B. in dieser Stadt schon ganz andere Redner gesehen und gehört und uns gefragt, wie der Redner tatsächlich zum Vorgetragenen steht. Wer nicht einmal vergleichbar so tief in der Materie steckt, wird diesen Vortrag dennoch gut verstanden haben. So dachte ich zumindest, bis bei der Gelegenheit der Fragestellung ein halber Vortrag von einem Gast aufkam, der einiges verdrehte. Ich empfand die Erklärungen und oftmals auch amüsanten bildhaften Beschreibungen sehr gut nachvollziehbar. Die im Vortrag oftmals genannten Fachbegriffe und Abkürzungen dürften jedem, der liest (*oops!*) und Nachrichten hört, bekannt sein. Trotzdem könnte ich nie soviel und auf diese Art wiedergeben. Ich gebe es wenigstens zu. Es gab durch den einen oder anderen Aufhänger schon etliche herzhafte Lacher in den Reihen. Denn die Darstellung einiger Dinge war schon mit trockenem Humor gewürzt worden. Wie er seines Erachtens übereilte Handlungen beschrieb, hätte man kaum unterhaltsamer bringen können.

Am Schluss des Vortrages war, wie ich schon kurz anbrachte, eine Fragerunde möglich. Es kamen Fragen zu seiner Herkunft und sonstige private Dinge auf. Diese Frage wurde schon recht umfangreich unterhaltsam beantwortet. Zum Beispiel beschrieb er die Geschichte, wie er nach Recklinghausen kam. Seine Geburtsstadt ist ja Gera. Ich kann hier nur wiederholen, dass es mich oftmals lachend vom Hocker riss, dass es ein Teil der sogar schimpfenden überwiegend einheimischen Fraktion nicht einmal wusste. Und wie oft habe ich hübsche Vergleiche zwischen dem hoch gefeierten und dem vielen Leuten unbequemen „Sohn der Stadt“ gezogen? Eine weitere Frage wurde vom Moderator natürlich gezielt auf ein im Buch wohl vorkommendes zweifelhaftes Wort gestellt. Es stand die sinngemäß dargestellte Frage, was das zweifelhafte Wort in einem „Wirtschaftsbuch“ zu suchen hätte. Auf ein Zitat mit diesem Wort gab es eine Antwort: Das was ein Herr Politiker XY (der Name wurde in der Antwort allerdings genannt) wohl ständig mit Umschweifen zu erklären versuchte, hätte er wohl einfach deutlich und unverblümt in sein Buch geschrieben. Ich war allerdings selbst überrascht, dass dieses Wort im Buch vorkam. Ich hatte es, wie bereits in einem anderen Artikel beschrieben, noch nicht gelesen. Das Zitat des Satzes ließ jedenfalls nachvollziehen, dass es um eine reine Beschreibung eines Zusammenhanges ging. Den Unterschied zwischen erklären und verherrlichen muss man wohl noch auseinander nehmen, oder? Ich lasse dieses Wort hier bewusst weg. Wer die Veranstaltung besucht hat, weiß, worum es geht. Und wer ohnehin jedes Haar vom Kopf reißt, um es in der Suppe zu finden und sie aus dem Grunde zu beanstanden, wird ohnehin weiter ohne Überlegung herumhacken.

Was mich aber oftmals bei manchen Menschen wundert ist, wie sie ohne jegliche Veränderung der Mimik anscheinend leben können. So auch beim Autor.

Eine herrliche Erklärung lasse ich zum Schluss der Eindruckstapete mal sinngemäß wiedergegeben stehen: Wenn ein Bauer etwa 2 Jahre durch gute Ernte auch ein gutes Leben hatte, wäre er ja gut beraten, etwas Geld zurückzulegen. Es erinnert uns ja an den Spruch „Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not.“ Was aber haben wir, wenn der beschriebene Bauer weiter so auf großem Fuße lebt, da er auch bei den Folgejahren mit guter Ernte rechnet? Besonders trifft es ja das Sozialsystem.
Mit dieser goldenen (jaja rhetorischen) Frage schließe ich hier mal meine Beschreibung der Veranstaltung mit Thilo Sarrazin.

Einen gebe ich mal noch drauf: Wenn die Leser seiner Bücher als „immer dümmer“ bezeichnet werden und ich ja bislang ja nur ein Buch gelesen habe, wie ich bereits schon im letzten Artikel schrieb: Wie „dumm“ werden dann Jene bezeichnet, die bereits beide Bücher lasen und nun auch noch zur Veranstaltung gingen? Sind nun rund 800 interessierte Besucher, wie es im Zeitungsbericht steht, nun wirklich dumm? Ich mache aus dem Wort „umstritten“ ein „streitbar“.

Die Tageszeitung brachte ja unmittelbar nach den Veranstaltungen schon drei verschieden lange Artikel und eine Bildergalerie ins Internet. Aus der Zeitungsmeldung entnahm ich beispielsweise, dass die Begrüßung wohl „wenig herzlich ausgefallen“ sein dürfte. Gemeint waren die lt. Meldung 15 Mann, die mit ihrem „Demoauto“ (so der Redakteur) davor standen und Gegenstimmung verbreitet hatten. Ich danke dem Zeitungsredakteur übrigens für das „freundlich-hartnäckig“ bei einem namentlich genannten Vertreter dieser Truppe. Ich habe aus gutem Grunde herzhaft gelacht. Wir sind jedenfalls nicht daran vorbeigegangen und ich hätte mich nur an den Wahlkampf erinnert, wie man mit süßsaurem Gesicht auf anscheinend wenig Zuspruch stieß (welch ein Teufelskreis, nicht wahr?).

Nun kommen wir mal zur Alternativveranstaltung:
Es wird im Zeitungsartikel über die „Alternativveranstaltung“, bei der wohl gerade mal ca. 50 Leute anwesend waren, sogar über eine gähnende Zuhörerin berichtet. Dieselbe oder eine andere hätte sich sogar wie in einem Soziologie-Seminar gefühlt. Sehr fragwürdig finde ich übrigens, dass ausgerechnet jemand, der mir gegenüber 1-3 € / Stunde für eine soziale Tätigkeit mit hoher Verantwortung, vielen Kosten, Bürokratie und Auflagen verteidigte (und sicherlich auch dafür sein Kärtchen hob), nun die Notwendigkeit der Aufstockung kritisierte und das Ganze auch noch mit Marx in Verbindung bringt. Andere Kracher sind z. B. Worte wie „Nützlichkeitsrassismus“, „Sozialchouvinismus“ und …achja „Altagsrassismus“. Ich bin vor Lachen auch fast zusammengebrochen, als ich las, wie man bei dieser „Alternativveranstaltung“ wohl begründen wollte, dass nicht alle Hartz IV-Empfänger gegen T. Sarrazin wettern.

Schade, dass man nicht beide Veranstaltungen besuchen konnte. Wie gerne hätte ich gerade solchen Leuten, die gegen alles und jeden auf der Straße herumstehen und Passanten nerven, ihre unzähligen Widersprüche auf den Tisch geknallt. Ich frage mich noch immer, wie viele der Keulenschwinger die Bücher gelesen haben, um darüber zu urteilen und warum sie sich dann nicht der Diskussion stellten. Allerdings wären sie womöglich mit ihrer Hackerei über das erste Buch abgeprallt, da es bei der Lesung ausschließlich um Finanzpolitik ging.

Ich bin übrigens über die Art, Weise und Umfang der bisherigen Berichterstattung durch die Zeitung sehr überrascht. Ob die „Alternativveranstaltungen“ 1: 1 beschrieben wurde, kann ich nicht beurteilen, da ich ja nicht dabei war. Eine objektive Berichterstattung durch die Teilnehmer wird vermutlich auch nicht zu Tage kommen. Ob und wie weiter über beide Veranstaltungen berichtet wurde, werde ich gegebenenfalls noch beschreiben.

Ich danke jedenfalls für den sehr guten Ablauf des Vortrages, ich bin froh, dass es keine Zwischenfälle währenddessen gab. Dem Redakteur danke ich für die vielen Schmunzler im Artikel und in den Bildbeschreibungen, unabhängig ob diese bewusst oder unbewusst dort eingebracht wurden.

So, die Uhr zeigt 04:25 Uhr, dunkel ist´s, der Mond scheint (einigermaßen) helle, Reif liegt auch schon auf der grünen Flur herum. Jaja, der Spruch lautet anders und die Zeitform stimmt auch nicht. Aber dennoch: ich gehe jetzt breit grinsend schlafen, da ich gerade mal wieder Kommentare unter dem Pinnwand-Post der Zeitung mit dem Artikel-Link gelesen habe. Man/ Frau verspricht schon für die nächste mögliche Lesung eine „Gegenlesung“, ein Anderer hätte sich erhofft, dass man beim „Glühweinfürsten“ (ich danke einem guten Bekannten für diese amüsante Bezeichnung) irgendein Zeugs trinkt und sich anscheinend aber nicht für die „Volksmeinung“ interessieren würde. Wie sieht die „Volksmeinung“ aber aus? Denken alle gleich? Zum Glück nicht! Man hat es schon zwei Mal versucht, ein beispielsweise gleich denkendes Volk zu erzwingen und zwar mit ähnlichen Mitteln. Und wenn der Autor die Meldungen bezüglich der Konditionen für den „Glühweinfürsten“ gelesen hat oder hätte, wäre sicherlich ohnehin nix aus der Party geworden, zumindest nicht dort. Mehr sage ich zu dem Ganzen nicht.

In diesem Sinne: Gute Nacht, Marie, auf dem Fensterbrett liegt Geld.